Was tragen die garmischer Bergführer – Loden und Schafswolle oder Hightech-Kleidung?

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Wohlfühleffekt, Lebensstil, Traditionsbewusstsein: Loden und Schafswolle oder Hightech-Kleidung?

Da sind sich Hirte und professioneller Bergführer in Garmisch-Partenkirchen einig: Traditionelle Bekleidung ist unschlagbar, wenn es um ein gutes Lebensgefühl, nachhaltige Herstellung und Tragekomfort geht. Jede Aktivität in den Bergen birgt jedoch unterschiedliche Anforderungen an die Ausstattung und ist vor allem abhängig von der Wettersituation. Gerade im Herbst erwarten die Wanderer in der renommierten Wanderregion im Tal und am Berg sehr wechselhafte Wetterlagen. Da heißt es vorab: intensiver Rucksack-Check und die Frage: „Bin ich der Loden- oder eher der moderne Funktionskleidungs-Typ“?

Janker und Joppe vom Werdenfelser Bergschaf für ein gutes Lebensgefühl

„Meine Tiere müssen mich nicht gut sehen, sondern gut hören können“, sagt Rinder-Hirte Franz Neuner aus Garmisch-Partenkirchen. Der 57-jährige trägt aus Leidenschaft und Tradition handgemachte Strickteile aus der Wolle des Werdenfelser Bergschafs, einer Rasse, die nur in dieser Region vorkommt. Die Lodenjoppen oder Schafwolljanker sind nicht gefärbt und kommen daher nur in den Farben der natürlichen Wolle Grau, Weiß, Beige und Braun vor. Wanderer, die auf moderaten Touren unterwegs sind und besonderen Wert auf Bekleidung ohne künstliche Zusatzstoffe legen, greifen daher auch gerne zu den handgestrickten Schafswolljanker oder Lodenjoppen aus der Region.

Wann und warum Hightech-Kleidung?

Die moderne Funktionsbekleidung zeichnet sich im Vergleich zu den traditionellen Schafswoll-Produkten aktuell besonders durch sehr auffällige Farben aus. Wanderer, die im Herbst oftmals mit Nebel oder Wintereinbrüchen in den Bergen konfrontiert sind, können somit gut gesehen werden bzw. die Gruppe kann gut zusammen gehalten werden. Der erfahrene Bergführer Michael Gebhardt hat fast zehn Jahre in der Bergsportindustrie gearbeitet und war unter anderem auch für Bekleidung zuständig. Er weiß also, wovon er spricht, wenn er sagt, dass „bei sportlichen Aktivitäten in den Bergen moderne Funktionsstoffe unschlagbar sind“. Der 49-jährige weiter: „Die Bekleidung muss schnell trocknend, leicht zu tragen und zu verstauen sowie atmungsaktiv sein. Darüber hinaus bieten diese Materialien aufgrund ihrer vielfältigen Eigenschaften bei unsicheren Wetterverhältnissen mehr Sicherheit.“ Für sportlich ambitionierte Wanderer oder Touren mit Hüttenübernachtung bieten sich demnach eher die Bekleidungsstücke aus modernen und leichten Materialien an.

Besonderes Lebensgefühl und Tragekomfort: der Schafswolljanker

Bereits Oma oder Opa hat sie getragen und an die Kinder weitergegeben: die dicke und warme Jacke aus Schafsfell. Durch die feste Verarbeitung der Wolle vom Werdenfelser Bergschaf und dem Lanolin werden diese handgefertigten Bekleidungsstücke wasserabweisend und windundurchlässig gemacht und sind dennoch atmungsaktiv. Bei Lanolin oder auch Wollwachs bzw. Wollfett handelt es sich um das Sekret aus den Talgdrüsen von Schafen, das bei der Wäsche von Schafwolle gewonnen wird. „Beim Hüten meiner Rinder trage ich gerne unsere handgestrickten Janker oder Joppen, darin komme ich nicht ins Schwitzen und sie sind leicht zu reinigen und zu reparieren“, sagt Franz Neuner, der im Winter zusätzlich im Pistendienst arbeitet. „Beim Präparieren der Abfahrten greife ich dann auch mal zur Funktionsjacke, vor allem weil ihre Reflektoren im Dunkeln Sicherheit geben“, so Neuner weiter.

Auch Bergführer Gebhardt hat natürlich eine Auswahl an traditionellen Kleidungsstücken im Schrank: „Der Wohlfühleffekt ist bei Naturprodukten unschlagbar. Hinzu kommt der Umweltaspekt und mein Lebensgefühl.“ Er trägt seinen Schafwolljanker bei gemäßigteren Touren schon seit 30 Jahren sehr gerne und aus Überzeugung. Wer also mit gutem Gefühl ruhig und entspannt durch die beeindruckende Bergwelt Garmisch-Partenkirchens wandern möchte, der kann sich in einem der traditionellen Bekleidungsfachgeschäfte im Ort beraten lassen. Ein selbstgestrickter Janker ist besonders für die kalte Jahreszeit ein wertvoller Bestandteil des Kleiderschrankes.

Wandern am Wank bei Garmisch Partenkirchen

Wanderer am Wank (c) Garmisch-Partenkirchen

Markante Wetterlagen — der erste Eindruck kann täuschen

Wenn der Nebel sich im Herbst hartnäckig im Tal eingerichtet hat, sollte man sich trotzdem nicht von einer Wanderung abhalten lassen. Ein besonderes Phänomen in den Bergen sind die kalten Nebelfelder im Tal und die sonnig warmen Stunden am Berg, wenn die Wolkendecke erst einmal durchbrochen ist. Diese Wetterlagen sind laut Bergführer Gebhardt gut vorhersehbar. Als Wanderer bzw. Bergsteiger kann man sich mit der Bekleidungswahl gut darauf einstellen. Trotz allem ist auch ein früher Wintereinbruch möglich. „Mütze, Schal und leichte Handschuhe sind klein und leicht und leisten hervorragende Dienste, wenn es schneller kälter wird als erwartet“, so Experte Gebhardt über die „Must-haves“ im Rucksack für herbstliche Wanderungen in den Bergen.

Bei einem sind sich Hirte Neuner und Bergführer Gebhardt einig: „Entscheidend ist, dass wir unsere Hüften warm halten, denn das Kälteempfinden am Rumpf ist stärker ausgeprägt als an den Beinen. Egal, ob Janker oder Hightech-Jacke, die Hüfte sollte bedeckt sein. Auch das hat uns schon unsere Oma gesagt“, so beide mit einem Augenzwinkern.

Informationen zu den zitierten Personen

  • Franz Neuner, Hirte in fünfter Generation.
  • Michael Gebhardt, Wirtschaftsingenieur an der Umweltforschungsstation Schneefernerhaus auf der Zugspitze, staatlich geprüfter Berg- und Skiführer, 10 Jahre in der Bergsportindustrie tätig.

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Bergführer Garmisch - und 26.000 Einwohner leben zur Zeit in Garmisch-Partenkirchen und bieten den Sommer- und Wintertouristen mit rund 1000 Tourismus-Betrieben alles für den Urlaub an. Wenn man durch Garmisch-Partenkirchen geht erkennt man z.B. an den Autos, dass es viele Einwohner "geschafft" haben, es geht Ihnen gut. Bis 1935 waren Garmisch und Partenkirchen 2 Orte, die im Vorfeld der Olympiaspiele 1936 unter Druck zwangsvereint wurden. Noch heute sind sich die Bewohner der ursprünglichen Ortskerne ihrer Herkunft bewusst.

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